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Rom

Stadt fürs Leben | Golo Maurer

E-Book (EPUB)
2024 Rowohlt Verlag Gmbh
Auflage: 1. Auflage
336 Seiten
ISBN: 978-3-644-01814-3

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€ 24,99

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Kurztext / Annotation
Schön ist es, von Rom zu träumen - aber wie wäre es, dort zu leben? Golo Maurer hat sich genau dazu entschlossen, und er zeigt die Stadt und das römische Leben, fern touristischer Pfade und aus eigener täglicher Erfahrung. Dabei führt der Weg durch sämtliche quartieri und über die berühmten sieben Hügel, am Tiber entlang und ins Gewimmel der Gassen. Was Zugezogene wissen sollten: dass casa weder nur «Wohnung» noch notwendig «Haus» bedeutet; worauf zu achten ist, damit die Spaghetti Vongole so betörend schmecken, wie sie es hier im besten Fall tun; was man über die italienische Politik erfährt, wenn man dem Taxifahrer aufmerksam lauscht. Und damit beginnt schon die Initiation in die römische Lebensart, zu der die Kunst des Fluchens ebenso gehört wie das si sta bene, das die Mentalität der Italiener auf unvergleichliche Weise ausdrückt. Eine leichtfüßige literarische Erkundung, die spüren lässt, wie es ist, in Rom zu leben, vielleicht gar Römer zu werden - und zeigt, was den besonderen Zauber der Ewigen Stadt ausmacht. Ein Stadtverführer für all jene, die Rom wirklich kennenlernen wollen, ob vor Ort oder als Reisende im Geiste.

Golo Maurer, geboren 1971 in München, hat an der Ludwig-Maximilians-Universität München Kunstgeschichte, Klassische Archäologie, Alte, Mittlere und Neuere Geschichte studiert. 2014 habilitierte er sich im Fach Kunstgeschichte an der Uni Wien. Seit Oktober 2015 leitet Maurer die Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Kunstgeschichte, Bibliotheca Hertziana in Rom. Bei Rowohlt erschien 2021 «Heimreisen. Goethe, Italien und die Suche der Deutschen nach sich selbst» - «ein fulminantes Buch», urteilte «Die Zeit».

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Umwege nach Rom. Eine Vorrede

Seinen Geburtsort kann man sich nicht aussuchen, den Lebensort manchmal schon. Zumindest wenn man wirklich will, etwas Glück hat und einen gewissen Preis zu zahlen bereit ist, nicht nur finanziell. Vielleicht haben Sie ja auch schon mal überlegt, wie das wäre, in Rom zu leben. Viele denken das, wenn sie kurz mal hier sind. Die meisten bleiben nicht, sondern fahren wieder heim, was ja auch vernünftig ist. Und fragen sich dann doch manchmal, an Winterabenden, wenn die Nachbarn die Rollläden herunterlassen: Wie wäre das wohl, in Rom zu leben? Darüber würde ich Ihnen gerne einiges erzählen.

Wer hier lebt, ist kein Tourist mehr und schaut sich in der Regel nichts von den Dingen an, die sich Touristen ansehen. Warum sollte man auch. Sie laufen ja nicht davon, das Kolosseum und Sankt Peter, und auch nicht die Bocca della Verità oder der Trevi-Brunnen. Sie sind immer da, sind immer da gewesen und werden es auch immer sein, so wie man selbst. Erwarten Sie also nicht, dass ich Sie aufs Forum führe, Ihnen Kluges zu Altargemälden sage oder Sie durch die Vatikanischen Museen schleife. Nichts davon. Vielleicht sehen wir einmal die Kuppel von Sankt Peter in der Ferne oder die Bögen des Kolosseums durchs Busfenster, wenn wir dorthin fahren, wo die Römer wohnen, wo sie einkaufen, einen Kaffee trinken, ihre Kinder großziehen, schlafen, streiten, essen gehen, kurz: wo sie leben.

Ein Rom ohne Kunst und Kultur also und ohne die tausendjährige Geschichte? Nein. Selbst wenn ich das wollte, es ginge nicht. Rom ist die Stadt der Kunst, aber nicht nur der Kunstwerke. Alles ist hier Kunst, wie auch auf jedem Zentimeter alles Geschichte ist. Kunst und Geschichte dringen überall durch, so wie das Gras durch die Ritzen im Pflaster, weil der Boden, der Untergrund, Kunst und Geschichte ist. Beides ist Teil des Lebens hier, wächst in dieses hinein, so dass man immer auch von Kunst, Kultur und Geschichte spricht, wenn man vom Leben in Rom erzählt. Nur eben nicht wie ein Reiseführer.

Rom ist auch die Stadt der Klischees und Gemeinplätze, vor allem für Deutsche. Davon will ich Sie verschonen, so gut es mir gelingt. Ich kenne kein Geheimes Rom, denn wenn ich es kennen würde, wäre es nicht geheim. Auch mit einem Fremden Land kann ich nicht dienen, denn ich bin es, der fremd ist in diesem Lande, nicht das Land. Und Goethe kommt so gut wie gar nicht vor. Dafür mein barbiere Marcello. Entwarnung also.

Wer sich entschieden hat, hier zu leben, mag kein Tourist mehr sein, er ist deshalb aber noch längst kein Römer, zumindest kein richtiger. Die richtigen Römer haben ein feines Gespür dafür, wer dazugehört und wer nicht. Ich selbst werde da zuverlässig aussortiert, mit Takt und großer Herzlichkeit, aber eben doch. Und das wird sich nicht ändern, da mache ich mir keine Illusionen. Ich bin der Fremde hier, der tedesco, und ich werde es bleiben, bis ich ins Gras beiße. Das hat freilich auch Vorteile. Man genießt Sonderrechte, eine gewisse Narrenfreiheit, ist sozial ungebundener, kann sich freier bewegen. Aber man zählt am Ende nicht. So viel zu dem erwähnten Preis, den man bezahlen muss. Pazienza - ein in seiner vollen Bedeutung unübersetzbares Wort, das alle hier ständig im Munde führen und das so viel sagen will wie: Egal, nicht so schlimm, nur Geduld, machen wir es halt anders - aber ohne jede Form von Bitternis. Es steht für ein lächelndes Sich-Fügen in die Dinge, wie sie eben sind. Ohne dieses Wort könnte man in Rom nicht leben. Es ist eine Art sprachliches Grundnahrungsmittel.

Dieses Dasein zwischen dem diplomatischen Status des Touristen und jenem des Römers erlaubt eine ganz eigene Perspektive auf Rom und die Römer, eine privilegierte und zugleich interessante Mischung aus Vertrautheit und Distanz. Man bekommt viel mit, ohne wirklich drinzustecken mit Haut und Ha