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AC/DC. 100 Seiten

Reclam 100 Seiten | Frank Schäfer

E-Book (EPUB)
2024 Reclam Verlag
Auflage: 1. Auflage
100 Seiten
ISBN: 978-3-15-962230-9

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Kurztext / Annotation
Über 200 Millionen verkaufte Alben und Welttourneen, die alle Publikumsrekorde sprengen: AC/DC ist die erfolgreichste Hardrock-Band aller Zeiten. It's a long way to the top! Aber stoische Beharrlichkeit und ein eisernes Arbeitsethos führten die australischen Proletenkinder innerhalb einer Dekade in die Charts und Stadien dieser Welt. Ihre Musik ist laut, rudimentär, konsequent und unverwechselbar. Die Rockkritik hat sie dafür lange verspottet, die Fans malten ihren Schriftzug auf Jeansjacken und Klowände. Frank Schäfer erzählt die 50-jährige Erfolgsgeschichte dieser Band, die sich Skandalen und Schicksalsschlägen zum Trotz stets treu blieb.

Frank Schäfer, geb. 1966, ist seit vielen Jahren regelmäßig als Literatur- und Musikkritiker u. a. für die 'NZZ', die 'taz' oder 'Zeit Online' tätig, insbesondere als Spezialist für Hardrock und Heavy Metal. In den Musikmagazinen 'Rolling Stone' und 'Rock Hard' betreut er eine ständige Kolumne zum Thema.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

I_ll win the fight - Identifikationsmuster

Das Publikum, das die Parkhäuser vor dem Messegelände überflutet, fährt gern SUV, Kombi, Transporter, Kleinbus. Man brauchte Platz, als die Kinder kamen. Aber da sind auch frühpubertäre Kuttenträger, Kleinkinder mit Micky-Mäusen auf den Ohren, sogar Hipster-Bärtlinge. AC/DC sind ein Mehrgenerationenprojekt, das seine weit über zweihundert Millionen Alben natürlich nicht nur gesattelten Altrockern verkauft hat. Das Wimmelbild prägen dennoch die Herbstzeitlosen, Graubärte, Knittergesichter. Einer von ihnen bin ich. Ein gutes Viertel des Publikums ist weiblich, und das hat besser gelernt, mit den Defiziten umzugehen. Ein bisschen Karnevalsstimmung blitzt auf. Einige haben sich als Angus verkleidet, in einer gefakten Schuluniform mit kurzen Hosen. Auf diversen Köpfen blinken die notorischen Teufelshörnchen, die später im Dunkeln so romantisch leuchten. Statt Feuerzeugen. - AC/DC hatten nie einen Feuerzeugsong im Programm.

Schließlich dämmert es, und die Show beginnt - mit einem Mondlandungsvideo. Doch was müssen die Astronauten sehen? Ein AC/DC-Schriftzug brennt sich durch das Gestein und startet durch ins All, um dann irgendwo mit großem Bumms einzuschlagen. Das ist genau die absurde Bildsprache, die Brian Johnson vor vielen Jahrzehnten in die Texte eingeführt hat. Ein grandioser Blödsinn, der nichts anderes sein will als eben grandios und blödsinnig. Und dann kommt auch schon das trockene, abgestoppte Erkennungsriff von »Rock or Bust«, das hier und jetzt in den Abendhimmel geblasen auf einmal eine Überzeugungskraft besitzt, mit der man kaum noch gerechnet hatte. Stevie Young, Malcolms Neffe, der Gesichtsälteste heute Abend, nicht nur auf der Bühne, sondern auf dem ganzen Gelände, der den verstorbenen Onkel ersetzen soll, bekommt seine Zeit auf den Videowänden. Er wird hier nicht als Ersatzmann geführt, er ist der neue Rhythmusgitarrist und darf denn auch eine von Malcolms alten, zerschundenen Gretschs spielen, der die beiden vorderen Tonabnehmer herausoperiert wurden. Einer hat immer schon gereicht - und dass er auch für den Neffen reicht, ist wohl als Zeichen zu verstehen.

Die kleineren und größeren Gimmicks, die seit Jahrzehnten zum Live-Spektakel gehören, die aufblasbare Wuchtbrumme bei »Whole Lotta Rosie«, die »Hells Bells«-Glocke und die Kanonen bei »For Those About to Rock«: Sie alle werden abgerufen - und dennoch zeigt sich wieder einmal, wie zweitrangig sie sind. Und auch Angus, dauergrimassierend, nach Luft schnappend wie ein Fisch auf dem Trockenen, ist zwar die aufmerksamkeitsheischende Lichtgestalt auf der Bühne, aber immer noch nicht die Hauptattraktion. Denn das sind einmal mehr die Songs, diese aufs Allernötigste runtergestrippten, simplen, die kalkulierte Reduktion aber allemal trickreich umspielenden Riffbretter. Wer AC/DC stumpf nennt, hat nichts, aber auch gar nichts verstanden.

Ein AC/DC-Konzert ist vielleicht am ehesten vergleichbar mit einer Kampfsportveranstaltung. Man sieht dabei zu, wie sich die Hauptdarsteller im Laufe des Abends langsam, aber todsicher in den Zustand gesteigerter Derangiertheit hineinarbeiten. Bei AC/DC hat das noch eine weitere Dimension, weil sie schon ziemlich derangiert beginnen - und den vielen zerdellten Lebensläufen vor der Bühne stellvertretend beweisen, dass man es trotz allem immer noch bringt.

Angus' schweißnasses Hemd hängt irgendwo, in seinem Gesicht spiegelt sich Apathie, der Stoizismus des unbedingten Durchhaltens. Brian Johnson pfeift nach der Hälfte des Konzerts auf dem letzten Loch, er macht so gut wie gar keine Ansagen mehr, weil es nicht geht, weil er gar keine Sprechstimme mehr hat, nur noch die AC/DC-Stimme, dieses heisere, kehlkopfschreddernde Kreischen, das mit zunehmender Dauer des Auftritts immer stärker