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Graue Schnauze, großes Herz

Vom Glück, einen alten Hund zu haben | Michael Frey Dodillet; Sophie Strodtbeck

E-Book (EPUB)
2024 Rowohlt Verlag Gmbh
Auflage: 1. Auflage
256 Seiten
ISBN: 978-3-644-01852-5

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€ 14,99

  • noch nicht lieferbar, erscheint 06/2024
  • Als Taschenbuch erhältlich
  • Kurztext / Annotation
    Hunde werden alt, zum Glück! Das wird Frauchen oder Herrchen spätestens klar, wenn der Hund plötzlich noch starrsinniger ist als zuvor, weil er jetzt tatsächlich nichts mehr hört, sie rigoros zur dritten Mahlzeit auffordert, weil er die ersten beiden vergessen hat, oder nachts um drei die senile Körbchenflucht antritt und vergnügt durchs Haus rumpelt. Dieses Buch lässt sie nicht allein und erinnert sie im gleichen Moment daran, wie ihre alten Hunde jung waren, an all die schönen, schrägen, wunderbaren, nervigen Augenblicke mit ihnen, und was man alles veranstaltet, um die Sturköpfe auf Kurs zu halten. Michael Frey Dodillet erzählt in gewohnt humorvoller Manier, wie schön es ist, einen alten Hund zu haben. Kein Ratgeber, sondern ein Trostgeber, also genau das, was seinen Bestseller »Herrchenjahre« so erfolgreich gemacht hat. Sophie Strodtbeck hat sämtliche Senioreneskapaden selbst erlebt und kann - nicht weniger augenzwinkernd - «alles erklären». In diesem Buch trifft geballte Ahnungslosigkeit auf veterinärmedizinische Kompetenz, dazwischen viele Hunde-Episoden - sentimental, verrückt, melancholisch, sehr, sehr komisch und manchmal natürlich auch traurig.

    Michael Frey Dodillet, geboren 1961 in Singen am Hohentwiel, ist für diverse Agenturen in Düsseldorf, Hamburg, München und in der Schweiz als Werbetexter tätig. Mit seiner Frau lebt er in Erkrath bei Düsseldorf. Die drei Kinder sind aus dem Haus, geblieben sind ein aufmüpfiger Hund, Wühlmäuse in den Rabatten und ein nicht erwünschter Steinmarder unterm Dach.

    Beschreibung für Leser
    Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

    Hunde sind das, was passiert, während man andere Pläne macht

    Es ist sechzehn Jahre her, dass ich als praktizierende Großtierärztin schwungvoll bei Schneider Etterschlag am Wörthsee auf den Hof brauste, um noch schnell eine Kuh zu besamen, als das Telefon klingelte. Ich sah meinen Feierabend genauso schwungvoll von dannen ziehen wie den Rest meiner Motivation und rechnete mit mindestens einer Zwillingsgeburt, einer festliegenden Kuh oder anderen Kuhtastrophen - aber es kam schlimmer!

    «Ich habe hier einen Beagle in der Praxis, und es ist der schönste Beagle, den ich jemals gesehen habe!», tönte es mir entgegen. Danach verstand ich nur noch Fetzen von «überfordert», «Zeitungsannonce», «an die Nächstbesten abgeben» und «Könntest du nicht ...». Also im Prinzip das, was ich immer höre, wenn irgendein Beagle der Republik sein Zuhause verliert, seit ich wie die Jungfrau zum Kinde - das Englische by accident trifft es an dieser Stelle ziemlich exakt - zu meiner Beaglehündin Andra kam.

    Dabei ist ein Beagle mehr, als ich jemals wollte. Ungefähr unendlich mal mehr. Vor Andra wusste ich über Beagles eigentlich nur, dass ich niemals einen haben wollte. Und dass sie unglaublich verfressen sind und jagen. Besonders schön fand ich sie auch nicht. Seit Andra hat sich mein Repertoire an Argumenten gegen diese kleinen, bunten Hunde vervielfacht, und ich weiß inzwischen, dass es nur eines gibt, das schlimmer ist als ein Beagle: zwei Beagles! Also beendete ich das Gespräch mit meiner Freundin und Kollegin Sanne mindestens so abrupt, wie ein Beagle im Wald verschwindet, besamte die Kuh und startete in den wohlverdienten Feierabend. Damals ahnte ich noch nicht, dass Feierabende für die nächsten annähernd zwanzig Jahre zu Meierabenden und damit alles andere als entspannt werden würden.

    Der bildschöne Beagle verschwand also allmählich in den Tiefen meines Hippocampus, dem Teil des Gehirns, das Erinnerungen generiert, um als Beagle auch aus diesem Gehirnteil sehr schnell wieder abgängig zu sein. Bis zwei Wochen später das Schicksal gnadenlos und mit aller Härte zuschlug und erneut das Telefon klingelte. Es war meine damalige Hundetrainerin Moni, die mir erzählte, dass ihre Tante und ihr Onkel sich «einfach so», und ohne den Profi in der Familie vorher um Rat zu fragen, einen Beagle angeschafft hätten. Aber ein wunderschöner Beagle sei er, der Timmy, und jetzt solle er einfach so abgegeben werden, und ob ich nicht ...?

    Da mein Hippocampus nicht nur eine ausgeprägte Beagleschwäche aufweist, sondern auch mit Namen zu kämpfen hat, unterbrach ich sie ziemlich brüsk und schnodderte in den Hörer, dass mich das genauso wenig interessiere, wie es vor zwei Wochen der Fall gewesen war, und dass ich schließlich nicht das Sozialamt für heimatsuchende Beagles sei. Erst beim dritten «Ich weiß das wirklich erst seit gerade eben» dämmerte mir, dass vor zwei Wochen nicht Moni, sondern Sanne angerufen hatte, und dass der bildschöne Beagle, damals rund hundertfünfzig Kilometer von mir entfernt wohnhaft, auf diesem Wege das zweite Mal an mich herangetragen wurde. In diesem Moment ahnte ich schon, dass sich die Beagleschlinge um meinen Hals langsam, aber sicher zuzog und meine Chancen, unbescholten und unbebeaglet aus dieser Nummer wieder herauszukommen, signifikant sanken.

    Und so kam es, wie es kommen musste. Zwei Wochen später wurde «das Timmerl» von Anneliese und Hans Meier geliefert; inklusive vieler Tränen, eines halben Zoofachgeschäftes und einer Anneliese, die mir im Brustton der Empörung erklärte, dass das bildschöne Timmerl beim letzten Besitzer Bobby geheißen hatte, was ja aber kein Name für einen Beagle sei, und dass man ihn deswegen jetzt Timmy genannt habe. Also komplett anders.

    Seither heißt er Meier. Mit «ei». Die Meiers haben bis heute, sechzehn Jahre später, immer noch einen Timmy-Meier-Altar in ihrem Wohnzimmer stehen