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Die Gabe der Erinnerung und die Kunst des VergessensOverlay E-Book Reader

Die Gabe der Erinnerung und die Kunst des Vergessens

Wie unser Gedächtnis funktioniert | Lisa Genova

E-Book (EPUB)
2021 Ullstein
Auflage: 1. Auflage
240 Seiten
ISBN: 978-3-8437-2571-2

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Kurztext / Annotation
Erschrecken Sie, wenn Ihnen der Name eines bekannten Menschen nicht einfällt? Wenn Sie nicht wissen, warum Sie in einen bestimmten Raum gegangen sind? Sind das simple Gedächtnislücken oder bedenkliche Anzeichen? Lisa Genova beruhigt: Unser Gehirn kann sich nicht alles merken, Vergessen gehört zu seinen Grundfunktionen. Was unser Gedächtnis leistet, grenzt an ein Wunder. Aber perfekt ist es nicht. Vergesslichkeit ist etwas ganz Natürliches. Lisa Genova erklärt, wie Erinnerungen entstehen und wie wir sie abrufen können, und zeigt, wie es uns gelingt, Erinnerung zu gestalten und zu sichern und wie wir durch das Vermeiden toxischer Verhaltensweisen unser Erinnerungsvermögen steigern und das Risiko von Alzheimer und Demenz minimieren.

Lisa Genova ist eine in Harvard ausgebildete Neurologin und Bestsellerautorin. In ihre Romane lässt sie ihre kognitionspsychologische Expertise einfließen. Bekannt wurde sie v.a. mit dem Roman 'Still Alice', der von Alzheimer handelt und dessen Verfilmung 2015 mit Julianne Moore einen Oscar erhielt. Genova hat zahlreiche Preise für ihre wissenschaftliche Arbeit bekommen und ist in Dokumentarfilmen und TV-Sendungen zum Thema 'Gedächtnis und Altern' zu sehen.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Einleitung

Stellen Sie sich eine amerikanische Ein-Cent-Münze vor. Da Sie ihr im Lauf der Jahre wahrscheinlich mehrfach begegnet sind, sollten Sie sich mühelos erinnern, wie eine aussieht. Dieses Bild haben Sie dem Gedächtnis anvertraut.

Aber stimmt das wirklich? Welcher Präsident wird auf der Vorderseite dargestellt? In welche Richtung blickt er? Sind Sie sicher? Wo befindet sich das Datum? Wo genau stehen die Worte LIBERTY und IN GOD WE TRUST? Welches Motiv ziert die Rückseite? Wären Sie jetzt in der Lage, aus dem Gedächtnis beide Seiten der Münze mit größter Präzision zu zeichnen? Wie kann es sein, dass Sie sich zwar sehr wohl an einen Penny erinnern, zugleich jedoch an so wenige seiner Details? Lässt das Gedächtnis Sie im Stich?

Nein. Es tut genau das, was es tun soll.

Ihr Gehirn ist verblüffend. Jeden Tag bewirkt es unzählige Wunder. Es sieht, hört, schmeckt, riecht und spürt Berührungen. Außerdem empfindet es Schmerz, Vergnügen, Temperatur, Stress und ein breites Spektrum an Gefühlen. Es plant Abläufe und löst Probleme. Es weiß, wo Sie sich im Raum aufhalten, sodass Sie nicht gegen Wände stoßen oder hinfallen, wenn Sie vom Bürgersteig treten, um die Straße zu überqueren. Es begreift und erzeugt Sprache. Es weckt Ihren Wunsch nach Schokolade oder Sex, Ihre Fähigkeit, sich in die Freude und das Leiden anderer einzufühlen, sowie das Bewusstsein Ihrer eigenen Existenz. Und es kann sich erinnern. Unter all den vielschichtigen und erstaunlichen Wundern, die Ihr Gehirn vollbringt, ist die Erinnerung das herausragendste.

Sie brauchen das Gedächtnis, um was auch immer zu lernen. Ohne Gedächtnis können Informationen und Erfahrungen nicht gespeichert werden. Neu in Ihr Leben gekommene Menschen blieben Fremde. Sie wären nicht imstande, sich am Ende dieses Satzes an den vorigen zu erinnern. Sie sind angewiesen auf das Gedächtnis, um später am Tag Ihre Mutter anzurufen oder vor dem Zubettgehen Ihr Herzmittel einzunehmen. Sie benötigen das Gedächtnis, um sich anzuziehen, die Zähne zu putzen, diese Worte zu lesen, Tennis zu spielen und Auto zu fahren. Sie nutzen das Gedächtnis vom Moment des Aufwachens bis zum Moment des Einschlafens, und selbst danach sind Ihre Gedächtnisprozesse voll im Gange.

Die bedeutsamen Tatsachen und Augenblicke Ihres Lebens bilden aneinandergereiht dessen Narrativ und Identität. Das Gedächtnis ermöglicht Ihnen, einen Sinn dafür zu haben, wer Sie sind und wer Sie waren. Falls Sie beobachtet haben, dass jemand durch die Alzheimer-Krankheit seiner persönlichen Geschichte beraubt wurde, wissen Sie aus erster Hand, wie maßgeblich das Gedächtnis zur Erfahrung des Menschseins beiträgt.

Doch ungeachtet seiner wundersamen, notwendigen und durchgängigen Präsenz in unserem Leben ist das Gedächtnis bei Weitem nicht perfekt. Unsere Gehirne sind nicht darauf angelegt, sich die Namen von Leuten einzuprägen, später etwas Bestimmtes zu tun oder alles, was uns passiert, zu katalogisieren. Solche Mängel sind einfach durch die »Werkseinstellungen« begründet. Selbst im klügsten Kopf ist das Gedächtnis fehlbar. Ein Mann, berühmt dafür, mehr als hunderttausend Ziffern der Zahl Pi auswendig zu können, mag zugleich den Geburtstag seiner Frau vergessen oder den Grund, warum er in sein Wohnzimmer gegangen ist.

Tatsächlich werden die meisten von uns morgen vieles vergessen haben, was wir heute erleben. Im Endeffekt bedeutet dies, dass wir uns an den größten Teil unseres Lebens gar nicht erinnern. Wie viele Tage des vergangenen Jahres sind Ihnen in allen Einzelheiten deutlich bewusst? Die überwiegende Mehrheit behält durchschnittlich nur acht bis zehn Tage im Gedächtnis. Das sind nicht einmal drei Prozent dessen, was Sie in jüngerer Vergangenheit erfahren haben. Rückblickend auf fünf Jahre ist der Ertrag prozentual noch geringer.

Zudem ist vieles von dem, dessen wir uns wirklich entsinnen, unvollständig und ungenau. Unsere